Donnerstag, 30. Oktober 2014

As One Life Ends As Murnau, Another One Begins, But Not Necessarily in Linear Fashion

Auszug aus Kaffee mit Latte - Der Quantenf**k-Roman

Vorgeschichte:
Tabu, der Filmdreh auf Bora-Bora; gedreht wurde trotz Warnungen einheimischer Priester an heiligen Stätten; der Film scheint verflucht zu sein: ein Mann kommt um, die Kamera versinkt im Meer, das Geld wird knapp usw.; zuerst wird der fertige Film von niemandem gemocht, bis schließlich die Paramount ihn kauft und Murnau einen lukrativen Zehnjahresvertrag anbietet. Murnau bereitet sein nächstes Projekt vor, die Verfilmung des Perutz-Romanes Von neun bis neun. Jetzt ist er auf dem Weg zu einem amerikanischen Autor, der das Drehbuch schreiben soll. Murnaus beste Freundin Salka hat ihn empfohlen. Sie machten eben Halt an einer Tankstelle. Sie, das sind Murnau, sein minderjähriger Geliebter Garcia, ferner Freeland, der Chauffeur des Packard, dann noch ein Tonmensch und Pal, Murnaus Schäferhund. Murnau hatte in der Nacht davor einen Albtraum gehabt, dessen negative Gefühle noch nachhängen...

...
Die Sonne sticht herunter, der Benzingeruch benebelt meine Sinne, seit meiner Notlandung mit einem Flugzeug im letzten Krieg benebelt Benzin immer meine Sinne, lähmt mein Bewusstsein, macht es eigentümlich matt und schwindlig.

Garcia setzt sich vorne ans Steuer. Ich liebe seine Bewegungen, es sind die Bewegungen einer Katze.

"Mr. Murnau, lassen Sie mich jetzt fahren!" reißt mich Garcia aus meiner Reverie.

Warum nicht? Wo er mich doch sowieso in Deutschland als Valet und Chauffeur begleiten soll.

Deutschland, heim zur Mutter, oh wie sehr ich mich auf sie freue. Auf ihre Art, mich zu verstehen, ihre bestimmten Blicke der Zustimmung und der Liebe, ihr Gesicht, das, tief eingebrannt in mir, ich wie eine Ergänzung brauche. Meine Mutter, über ein Jahr hab ich sie nicht gesehen. In ein paar Wochen werde ich sie wieder sehen.

Eine Hellseherin hat mir in der Zeit meiner größten finanziellen Probleme prophezeit, dass ich am 5. April in Deutschland ankommen werde, allerdings auf eine andere Art, als ich es mir vorstellen sollte. Salka hat mir geraten, diesem Urteil nicht allzu viel Wert beizumessen. Tu ich für gewöhnlich auch nicht. Doch nach den unheimlichen Vorfällen im letzten Jahr bin ich etwas abergläubisch geworden.

Mr. Freeland lässt jetzt die Reifen überprüfen.

Der Tonmann hat irgendwelche Ideen zu Trompeten und Hörnern, aber ich hör ihm nur halb zu, in meinem Kopf steht die Musik längst fest, zum Teil ist sie sogar schon aufgenommen.

Ah, jetzt hat Mr. Freeland bemerkt, dass Garcia am Steuer sitzt. Ich merke, wie es ihn stört. Bin neugierig, wie er diese Situation meistern wird. Ich gebe zu, ich genieße seine Betretenheit. Als Mr. Freeland nach den Bezahlungsformalitäten zurückkommt, stelle ich mich schlafend. Ich hör ihn Garcia fragen: "Willst du etwa fahren?"

"Ja", sagt der Junge, "der Alte hat's erlaubt."

Der Alte? Na ja, wenn er nur nicht immer so von mir denkt. Aber eigentlich hat er recht. Wenn ich mich im Spiegel sehe, dann sehe ich nicht einen Zweiundvierzigjährigen auf dem Gipfel seiner Karriere, sondern einen älteren Mann, der Mund zu klein, die Augen zu sanft, das Gesicht zu weich, der Körper schlaff, ausgehöhlt von den Gezeiten der Schuldgefühle, der Heimlichkeiten und der übertretenen Tabus.

Wenn ich in den Spiegel blicke, dann erkenne ich einen dekadenten Mann, bürgerlich, verwöhnt und weit entfernt, für den Mann von der Straße zu schreiben. Genau genommen weiß ich gar nicht, wer der Mann von der Straße ist. Um ehrlich zu sein, im Innersten verachte ich sogar den einfachen Menschen als unsensibel, als ungebildet, als geistlosen Mitläufer, obwohl ich mich immer wieder in seine Niederungen begebe, um mich vom Gegenteil überzeugen zu lassen, meist vergeblich.

Wenn ich in den Spiegel blicke, dann sehe ich meine Mutter, die immer noch großen Einfluss auf mich hat. Irgendwie lässt mich ihre übergroße Liebe nicht zur Ruhe kommen. Sie darf nie von meinen erotischen Extravaganzen erfahren. Oft habe ich Schuldgefühle, ihr in die Augen zu sehen, denn sie könnte vielleicht etwas davon merken. Vielleicht erklärt das die große Macht, die sie auf mich ausübt. Salka meint, ich sollte ihr mal alles erzählen. Sie würde mich sicherlich verstehen. Vielleicht tu ich es diesmal!

Wir fahren los. Ich beobachte heimlich Garcia. Er ist voll in seinem Element, Stolz scheint ihn zu beseelen. Ein Packard! Fast scheint es mir, als ob in diesem Augenblick nicht Garcia den Packard fährt, sondern der Packard ihn.

Das Rauschen des Fahrtwindes, der mir leicht übers Gesicht streift, macht mich schläfrig. Ich schließe die Augen, ich geh auf in der Masse des wuchtigen Wagens.

Ich mag dieses Leben. Auch wenn es mich anödet. Es ödet mich an, weil ich schon lange nichts Neues mehr erlebe. Weil ich schon lange nicht mehr so intensiv lebe wie auf Bora Bora. Seit ich wieder in Hollywood bin, neige ich zu Depressionen. Könnte ich noch einmal leben, ich würde mir ein Leben mit Nervenkitzel aussuchen, mit schmaler Börse und mit leichtem Gepäck.

Irgendwie kommt mir die Geschwindigkeit, mit der wir über die schmale Landstraße schießen, doch etwas zu hoch vor: Ich öffne die Augen und blicke zu Mr. Freeland, der dahindöst, was mich vorerst mal beruhigt...

Meine Gedanken kehren wieder zu Zwischen Neun und Neun zurück. Ich überfliege in Gedanken die Bildsymbolik, die ich verwenden möchte: In der Bücherei lässt schon das Licht im Hintergrund - das große, mehrfach unterteilte Fenster wirft Schatten, die wie die Gitterstäbe eines Gefängnisses wirken - die allernächste Zukunft des Studenten ahnen. Dann die Handschellen, die der unschuldige Student nach seiner Flucht versteckt tragen muss...

Plötzlich: Ominöse Ahnungen schießen in mir hoch; ein heftiger Ruck des Wagens reißt mich in die Gegenwart; als ich die Augen öffne, rast ein Telegrafenmast auf uns zu...

Der Schock fährt mir in alle Glieder, ich bereue den Entschluss, Garcia ans Steuer gelassen zu haben. Ich bereue ihn mit unheimlicher Vehemenz. Oh, könnte ich doch alles rückgängig machen!

Ich werde aus dem Wagen geschleudert, scheine kurz zu fliegen. Ein gewaltiges Krachen, ein Blitz, ein Druck im Kopf, kein Schmerz, nur heiß und weiß und nass ist alles, ich verlier die Orientierung. Dann wird es schwarz.

Ich gehe auf einer Straße. Eine einsame Straße ist das, die Straße weint und stöhnt, als wollte sie ungeschehen machen, was geschehen ist. Etwas Unheimliches breitet sich in mir aus. Ich sehe vor mir eine Gruppe von Leuten, die sich um etwas am Boden scharen. Als ich hingehen will, merke ich, dass ich schwebe. Diese Fähigkeit erschreckt mich, genauso wie die Tatsache, dass die Körper der Leute überhaupt kein Hindernis darstellen. Und dann sehe ich ihn: Vor mir liegt ein Mann am Boden, puppenhaft hingestreckt. Erneut überkommt mich eine schreckliche Ahnung. Jetzt erkenne ich das Gesicht. Oh Gott, es ist meines!

Schock! Alles wird schwarz.

Plötzlich stehe ich wieder vor dieser kalten bleichen Schönheit mit den schwarzen Haaren, die ich ... woher kenne? Richtig! Der Traum! Träume ich immer noch? War ich nicht schon wach gewesen?

Dann wieder Schwärze.

In einem klinisch weißen Zimmer, in einer Ecke ganz oben, erwache ich und schaue runter. Da ist ein Bett, darauf ein Körper, unter einer weißen Decke. Das Gesicht ist seltsam vertraut, der Verband am Kopf irritiert mich. Dann sehe ich eine Frau, die vor dem Bett sitzt und weint. Ist das nicht Salka? Ich verstehe erst nicht, doch dann kommt's mir mit voller Wucht: Das da, im Bett, das bin ich...

Schwärze.

Jetzt sehe ich einen nackten bleichen Körper auf einem Metalltisch, stelle nüchtern fest, es ist meiner, sehe seinen geöffneten Kopf, sehe Männer in weißen Kitteln, die sich am Kopf zu schaffen machen, daran und darin herumschneiden. Sehr kalt ist hier alles, auch das Gebaren dieser Männer. "Diese hier im Gehirn eingedrungenen Knochen", sagt einer der Männer, seinen Kopf über meinem beobachtend hin- und herbewegend, "die waren wohl der Grund für den Exitus."

Nur weg hier, ist mein alles ausfüllender Gedanke!

Da: ein Schiff. Da: ein Frachtraum. Obwohl es dunkel hier ist, sehe ich sehr gut. Da: ein Sarg. Ist das ein Film? Ein Traum? Oder Wirklichkeit?

Ich erwache mitten in einem Begräbnis, seltsam vertraut sind mir die Gesichter der Trauernden...

Schwärze...

... jetzt bin ich jener Königssohn, der vor langer langer Zeit auf Mu gelebt - dort, wo später Bora Bora sein wird...

Der in tiefer Meditation die Zukunft schaut...

Der viele Tode sieht, zwingend und unausweichlich...

Denn davor war etwas so Fürchterliches geschehen, dass er sühnen muss.
... 


Mehr bald.

Blogging is boring

Ich langweile mich. Nicht wirklich. Nur wenn ich dabei sitze, einen Blog-Post zu schreiben. Boring. Kann mir nicht vorstellen, in welcher Gemütsverfassung man sein muss, um täglich zu bloggen, ganz besonders solchen Schit wie Kosmetika, Schoppen und Ähnliches... Naja, so sitze ich also vor diesen Zeilen und trinke meinen Kaffee mit Latte.
Ach ja, ich wollte doch noch etwas aus meinem Roman posten. Später. Mein Kaffee mit Latte ist alle.